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Die Schweizerische Gesundheitsbefragung enthält viele Daten zum Kiffverhalten der Bevölkerung in der Schweiz. Diesmal interessiert uns, wie sich in den letzten zehn Jahren verschiedene Prozentzahlen verändert haben.
Im ersten Artikel (siehe Legalize it! 28) über die Gesundheitsbefragung des Bundesamtes für Statistik haben wir die Häufigkeiten für aktuellen Konsum nach den verschiedenen Altersgruppen dargestellt und mit den Ergebnissen einer anderen Studie verglichen. Diese Angaben waren für das Jahr 2002. In diesem zweiten Artikel möchten wir die Veränderung über die letzten zehn Jahre dokumentieren. Zu beachten ist, dass die Angaben über alle drei Studienjahrgänge lediglich für die 15-39-Jährigen vorliegen.
Die erste interessante Frage ist, ob jemand in seinem Leben schon einmal gekifft hat, oder ob keinerlei THC-Moleküle durch sein Gehirn gewandert sind. Diese Frage nach der Lebenszeitprävalenz sagt nichts über den aktuellen Konsum aus, sondern lediglich, ob jemand schon irgendwann einmal in seinem Leben Erfahrungen mit Cannabis gemacht hat oder eben nicht. Wie hat sich nun die Erfahrung mit Cannabis über die Zeit entwickelt? Die folgende Tabelle gibt die Werte für die drei Jahrgänge der Gesundheitsstudie wieder:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
«schon mal» | 16.3% | 26.7% | 27.7% |
In den letzten fünf Jahren ist der Anteil derer, die schon mindestens einmal gekifft haben, also bei etwas über 25% ziemlich stabil geblieben. Etwa ein Viertel der 15-39-Jährigen probiert in seinem Leben Hanf-Konsum mal aus. Nach wie vor hat der allergrösste Teil der Bevölkerung gar keine Erfahrungen mit dem Kiffen (2002 waren das 72.3%).
Die Lebenszeitprävalenz nach Geschlechtern aufgeteilt ergibt folgende Tabelle:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
Männer | 21.5% | 33.4% | 34.2% |
Frauen | 11.1% | 19.9% | 21.1% |
Jeder dritte Mann und jede fünfte Frau haben also Erfahrungen mit dem Kiffen gemacht. In den letzen fünf Jahren sind die Werte praktisch konstant – eine grosse Zunahme war nur zwischen 1992 und 1997 zu verzeichnen.
Dann zu dem Verhältnis Deutsch- zu Westschweiz. Die Anteile lauten hier:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
Deutsch-CH | 16.3% | 27.2% | 27.2% |
Romandie | 17.3% | 26.9% | 31.9% |
Die Welschen sind kifferfahrener als die Alemannischen. Allerdings ist die allgemeine Entwicklung sehr ähnlich wie bei den Totalszahlen. Jetzt schauen wir uns noch die Werte für städtische und ländliche Gebiete an:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
Stadt | 17.7% | 29.7% | 28.7% |
Land | 13.0% | 20.5% | 25.4% |
Städter sind also besser bekannt mit dem Kiffen, allerdings haben sich die Unterschiede grösstenteils eingeebnet. Und dann werfen wir noch ein Blick auf die verschiedenen Bildungsstufen:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
tief | 14.0% | 25.5% | 23.8% |
mittel | 16.6% | 27.5% | 29.0% |
hoch | 19.7% | 29.4% | 33.4% |
Wir sehen, dass von den Gebildetsten jeder Dritte Erfahrungen mit THC hatte, während es von denjenigen, die die obligatorische Schule besucht haben, nur knapp jeder Vierte war. Das Drogen-Ausprobier-Verhalten scheint also mit steigender Bildung zuzunehmen.
Aktueller Konsum über die Zeit, zwischen Altersgruppen, Deutsch- und Westschweiz, Stadt und Land, Bildungsstufen Doch auch wenn ein Viertel schon Erfahrung mit dem Kiffen hat, so heisst das nicht, dass diese Menschen heute noch kiffen. Als in der Untersuchung nach dem aktuellen Konsum gefragt wurde, so sagten folgende Anteile der 15-39-Jährigen, dass sie nach wie vor kiffen:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
«aktuell» | 4.4% | 7.0% | 7.5% |
Auch hier sehen wir, dass der grosse Sprung in den ersten fünf Jahren geschehen ist – seither ist das Wachstum eher gering. Und wir sehen auch, dass die allermeisten (rund drei Viertel, von 27.7% auf 7.5%) der Probierenden keinen aktuellen Konsum mehr haben, also mit dem Kiffen bereits wieder aufgehört haben. Die obigen Zahlen bedeuten auch, dass 92.5% der Bevölkerung keinen aktuellen Konsum von Cannabis mehr haben (oder auch noch nie hatten). Wir Kiffenden sind also wirklich eine kleine Minderheit. Ausserdem muss man sich vergegenwärtigen, dass «aktueller Konsum» einen Konsum im Jahr 2002 meint: Bereits einmal gekifft im 2002 – und schon ist man in der Kategorie «aktuell kiffend». Die 7.5% umfassen also Gelegenheits- und Hardcore-Kiffende. Leider macht die Studie keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Gruppen von kiffenden Menschen. Wir alle wissen natürlich, dass es massive Unterschiede gibt zwischen jemandem, der alle drei Wochen mal an einem Joint mitzieht und jemandem, der vorwiegend damit beschäftigt ist, seine 25 Joints pro Tag zu drehen und zu rauchen. Doch beide (und alle möglichen Zwischenstufen) sind in dieser einen Kategorie der aktuell Kiffenden zusammengefasst.
In den verschiedenen Altersgruppen ist das Kiffen ebenfalls unterschiedlich stark vertreten (siehe dazu auch die Grafiken im Legalize it! 28, Seite 32/33). Hier wollen wir nun die Entwicklung über die Zeit anschauen:
1992 | 2002 | Zunahme | |
---|---|---|---|
15-24-jährig | 7.1% | 12.0% | + 69% |
25-34-jährig | 3.8% | 6.3% | + 66% |
35-39-jährig | 1.3% | 3.4% | +162% |
Total | 4.4% | 7.5% | + 70% |
Leider gibt es solche Zahlen für die über 40-Jährigen nicht. Doch auch so sieht man, dass gerade in der Kategorie der gegen 40-Jährigen die Zunahme der aktuell Konsumierenden sehr gross ist. Langsam sind wir Kiffenden eben auch bei den Älteren fest verankert. Dieser Trend dürfte auch in Zukunft weitergehen, bis ein gewisser Plafond erreicht ist. Mit dieser Verbreitung des aktiven Kiffens auch in ältere (und zumeist besser verdienende und besser angesehene) Altersstufen nimmt natürlich auch unsere Macht (verstanden als Fähigkeit, diese Gesellschaft zu beeinflussen) zu. Das könnte einen langfristig optimistisch stimmen für die Umsetzung einer Legalisierung.
Nun noch ein Vergleich zwischen der Romandie und der Deutschschweiz. Wiederum die aktuell Kiffenden in den drei Jahrgängen:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
Deutsch-CH | 4.5% | 7.5% | 7.4% |
Romandie | 4.3% | 6.0% | 8.8% |
Die Kiffenden in der Welschschweiz haben zugelegt und nun den Anteil der Kiffenden in der Deutschschweiz überflügelt. Und dies trotz (oder wegen?) der Tatsache, dass im Welschland die Repression häufiger gegen das Kiffen vorgeht als im deutschsprachigen Teil unseres Landes. Auch sehen wir, dass das Kiffen in der Romandie in den letzen fünf Jahren noch massiv zugenommen hat von 6 auf 8.8 Prozent, während in der Deutschschweiz bereits eine Art Plafond erreicht wurde, beziehungsweise der Anteil erstmals sogar leicht zurückging (von 7.5 auf 7.4 Prozent).
Kiffen Menschen in ländlichen Gebieten mehr oder weniger häufig als Menschen in städtischen Gebieten? Unsere nächste Tabelle zeigt die Entwicklung des aktuellen Konsums über die letzten zehn Jahre:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
Stadt | 5.2% | 7.6% | 7.6% |
Land | 2.5% | 5.9% | 7.3% |
Wir sehen, dass sich die Unterschiede (mehr als doppelt so viele aktuell Kiffende 1992 in der Stadt als auf dem Land, 5.2 zu 2.5 Prozent) 2002 praktisch eingeebnet haben (7.6 und 7.3% im Jahre 2002). Nach dieser Aufholjagd (fast Verdreifachung der Rate in zehn Jahren, von 2.5 zu 7.3%) wird hier, wie in der Stadt schon seit fünf Jahren, ein oberer Plafond erreicht sein. Der Wert für die ländlichen Gegenden könnte sich nun ebenfalls bei etwa 7.5% stabilisieren.
Kiffen die weniger Gebildeten mehr oder weniger als die besser Gebildeten? Die Tabelle zeigt die Werte für drei Jahrgänge:
1992 | 1997 | 2002 | |
---|---|---|---|
tief | 5.2% | 8.6% | 8.7% |
mittel | 4.3% | 7.3% | 7.7% |
hoch | 3.4% | 5.2% | 4.9% |
Es wird also in den tieferen Bildungsniveaus von 75% mehr Befragten gekifft als beispielsweise bei Leuten mit Hochschulabschluss (8.7 zu 4.9%). Doch trotzdem kifft aktuell jeder zwanzigste Hochgebildete. Diese Resultate sind nun genau umgekehrt wie bei der Lebenszeitprävalenz (siehe am Anfang unseres Artikels): Dort waren ja von den Hochgebildeten über ein Drittel THC-erfahren, während es bei den weniger gut Ausgebildeten nur jeder Vierte war. Die weniger Gebildeten probieren also seltener als die Hochgebildeten, bleiben dafür aber häufiger beim Cannabiskonsum.
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