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Eine Vorbemerkung: Die Hanfsamenverfolgung geht immer noch weiter! Auch wenn es in den Jahren nach 2015 einen Rückgang der Fälle gab, so muss man klar sehen, dass es 2018 wieder eine massive Erhöhung der Fallzahlen gegeben hat – und auch 2021 war dieses Thema in unseren Rechtsberatungen stark vertreten. Das Vorgehen der Behörden ist dabei im Wesentlichen gleich wie früher. Es ist also auch heute nach wie vor eine äusserst schlechte Idee, Hanfsamen im Ausland zu bestellen!
Zeitweise hatte ich im Frühling 2015 fünf solcher Fälle pro Tag: Eine Hausdurchsuchung wegen einer Hanfsamenbestellung oder eine Vorladung wegen einer Hanfsamenbestellung… Klar, polizeiliche Vorladungen wegen entdeckter Hanfsamenpäckchen hat es immer mal wieder gegeben. Aber nie in einer solchen Masse. Der Zoll hat eine ganze Abteilung aufgebaut, die verdächtige Sendungen herausfiltert.
Normalerweise gab/gibt es eine polizeiliche Vorladung, wenn ein Couvert mit Hanfsamen am Zoll hängenbleibt. Die Polizei ermittelt dann mal nach 19a, Verdacht auf Konsum/Vorbereitungshandlungen. Dann kommt es halt drauf an, was in der Aussage zugegeben wird oder sonstwie bewiesen werden kann.
Doch ab 2014 kamen immer mehr Fälle, bei denen die Bestellung von 20, 30 oder 50 Hanfsamen zu einer Hausdurchsuchung führte (im Mai 2015 wurde uns sogar ein Fall bekannt, bei dem bereits das Bestellen von 10 Hanfsamen für eine Hausdurchsuchung genügte). Da die Betroffenen keine Vorstrafen hatten, schien das Vorgehen unerklärlich. Denn bei Verdacht auf Konsum gibt es eigentlich keine Hausdurchsuchungen (sondern eben eine polizeiliche Vorladung). Die Hausdurchsuchungen wurden denn auch wegen Verdachts auf Handel durchgeführt. Doch wie kommt jemand darauf, von ein paar Hanfsamen auf Hanfhandel zu schliessen?
Hier des Rätsels Lösung: Ein paar ganz Kreative bei der Polizei füllen dazu Excelsheets aus, in denen sie eine peinliche Rechnerei durchführen. Haarsträubend, aber sie nennen das wirklich „forensischen Bericht“. Da wird einfach mal angenommen, dass jeder Samen keimt und wächst, dass jeder Samen zu einer weiblichen Pflanze und einem Ertrag von 30 oder 50 Gramm führt, dass alle die Samen professionell unter Kunstlicht anbauen wollen – und dann noch, dass man das Ergebnis, weil zu viel, niemals alleine konsumieren könne und somit ist der Verdacht auf Handel gegeben und eine Hausdurchsuchung nötig. Absurd, aber Realität.
In sehr vielen Fällen fand die Polizei bei den Hausdurchsuchungen, wie zu erwarten war, halt keine Anlage, kein Dealernest, manchmal nicht mal etwas Gras. Ein riesiger Aufwand für fast nichts! Dann wird das Verfahren von Verdacht auf Vergehen auf die Verfolgung eines Konsumfalles reduziert. Aber der Aufwand ist enorm: Am Morgen um sechs, sieben Uhr eine Handvoll Polizisten bei sich daheim zu haben, die häufig auch Handy und Computer einpacken ist wirklich sehr mühsam. Bis man seine Utensilien wieder zurück erhält und der Staatsanwalt oder die Staatsanwältin einsieht, dass die Betroffenen halt keine Handeltreibenden sind, können gut ein paar Monate vergehen. Schliesslich folgt dann eine Busse, die häufig im Bereich von 500 bis 1'000 Franken liegt (mit Gebühren). Eine Weiterleitung der Akten ans Strassenverkehrsamt ist Standard, wenn man einen Führerausweis besitzt.
Auch wer wegen einer Samenbestellung „nur“ vorgeladen wird, muss ebenfalls damit rechnen, dass die Unterlagen ans Strassenverkehrsamt weitergeleitet werden, das je nachdem eine Überprüfung der Fahreignung veranlassen kann. Dabei könnten die Samen einfach vernichtet und der betroffenen Person eine Verwarnung zugestellt werden. Oder man könnte die paar Samen auch gut unter die geringfügige Menge (10 Gramm Cannabis sind laut Gesetz straffrei) einreihen – dann müssten sie nicht einmal beschlagnahmt werden. Aber von solchen Ansichten wollen die Verfolger nichts wissen. Sie wollen lieber Steuergelder für eine unverhältnismässige Samenverfolgung einsetzen.
Hanfsamen im Ausland zu bestellen führt also sehr häufig zu massiven Problemen mit der Polizei und dem Strassenverkehrsamt.
Hier folgt eine Übersicht über die verschiedenen Probleme und Fallstricke bei einer polizeilichen Einvernahme.
Hier ein Beispiel für die Auftragserteilung. Der Zoll (im Postzentrum Zürich-Mülligen) hat die Samen gefunden und die Verzeigung an den Kanton (hier: Kanton Bern) weitergeleitet, dieser nun delegiert die konkreten Ermittlungen an eine lokale Stelle (hier: die Polizeistelle Nidau). Speziell ist der Tonfall: „Wir bitten um Ermittlungen“, „wir danken für die geschätzte Mitarbeit“.
Im Frühling und Sommer 2015 wurden tausende Menschen durch einen Brief aufgeschreckt: Polizeiliche Vorladung wegen Widerhandlung gegen das BetmG. Wie in der zweiten Ergänzung (Februar 2015) geschrieben, gab es bereits 2014 einige spezielle Verfahren wegen Hanfsamenimports. Im Frühling eskalierte das Ganze dann, weil der Zoll nun sämtliche Couverts mit Hanfsamen beschlagnahmte und die Adressaten verzeigte.
«Wie soll ich mich an dieser polizeilichen Befragung verhalten? Was sagen, wozu schweigen? Welche Folgen können die Aussagen haben? Was kommt da alles auf mich zu?»
Die Verunsicherung war gross, das merkte ich auch bei unseren Rechtsberatungen: Zeitweise führte ich fünf pro Tag durch. Im Sommer 2015, nach über 100 Fällen, fasse ich hier die Erkenntnisse aus den Einvernahmen bei den Hanfsamenimportfällen zusammen.
Unterschätzen sollten die Vorgeladenen eine polizeiliche Einvernahme nie. Es geht um kriminelle Handlungen: Man muss aufpassen, was man sagt. Da die allermeisten Betroffenen zum ersten Mal mit der Polizei zu tun hatten, hatten sie keine Ahnung, was auf sie zukam.
Für die Polizei hingegen ist das Alltag: Verdächtige befragen, Druck aufsetzen, Geständnisse erzielen. Dafür sind sie ausgebildet und bezahlt. Profi trifft also auf Nichtprofi. Das Ungleichgewicht ist sehr gross!
Zentrales Ergebnis einer polizeilichen Einvernahme ist das Protokoll, möglichst mit Geständnissen. Auch wenn die Polizeibeamten nichts zu sagen haben über das Strafmass (das wird anschliessend vom Stadtrichter-/Statthalteramt oder der Staatsanwaltschaft bestimmt), so ist doch ihr Protokoll das entscheidende Element für alle weiteren Schritte.
Grundsätzlich gilt, und wir können es nicht genug betonen: Schweigen, die Aussage (wenigstens teilweise) verweigern, wenn Fragen über illegale Handlungen gestellt werden. Sonst liefert man sich nur selber ans Messer. Doch ist das leichter gesagt als getan.
Es gab durchaus Fälle, bei denen Betroffene überzeugt in die Befragung gingen: Ich werde nichts sagen. Und verblüfft herauskamen, weil sie sowohl ausgesagt als auch der «freiwilligen» Hausdurchsuchung zugestimmt hatten. Wie gesagt, es ist nicht so einfach. Umso wichtiger ist es, sich wirklich vorzunehmen, die Aussage ganz oder teilweise zu verweigern. Es ist schlicht das beste Mittel, das die Befragten in einer solchen Situation haben.
Die meisten Betroffenen konnten sich nicht vorstellen, die Aussage ganz zu verweigern oder das Bestellen abzustreiten (und die Ungewissheit über das Weitere auszuhalten).
Wenn Betroffene aussagen, dann ist das Beste: Zugeben, die Samen bestellt zu haben und dass sie für den eigenen Konsum gedacht waren. Damit gibt man eine illegale Handlung zu: die kleinstmögliche, eine Übertretung.
Die Fragen nach dem bisherigen Konsum hätten die meisten nicht beantworten müssen, aber es ist schwierig, die begonnene Aussage hier einfach zu stoppen. Viele Betroffene haben dann halt einen geringen Konsum (zum Beispiel alle paar Monate bei einem Fest) zugegeben.
Natürlich können die Befragten auch einfach ihr ganzes Konsumleben gestehen, für die Busse macht es in den meisten Gegenden keinen Unterschied: Es gibt eine Standardbusse wegen Konsum/Vorbereitungshandlungen.
Doch die Krux ist: Wenn einmal in einem polizeilichen Protokoll steht, dass jemand zugegeben hat, regelmässig zu konsumieren, dann wird das Strassenverkehrsamt (und manchmal auch weitere Ämter) einen Verdacht auf Drogensucht entwickeln.
Einige dachten, dass sie es für sich besser machen könnten, wenn sie von den bestellten Hanfsamen ein paar verschenken wollten: «ist ja nicht nur für mich». Dieser «Logik» folgen Betroffene immer wieder. Aber die Folgen sind fatal: Mit diesem Geständnis katapultiert man sich selber von der Ebene der Übertretung zum Vergehen, der höheren Stufe der Kriminalität. Das führt immer zu einem Strafregistereintrag, selbst wenn nur ein einziger Hanfsame hätte verschenkt werden sollen.
Auch wer die Bestellung zwar gestand, aber nicht zugab, die Samen für den Eigenbedarf bestellt zu haben (um nicht als Drogenkonsument in die Fänge des Strassenverkehrsamtes zu geraten), wurde gelegentlich als voll kriminell bestraft. Es gibt tatsächlich Staatsanwaltschaften, die dann einfach finden: Import ist grundsätzlich ein Vergehen (BetmG 19), also gibt es eine Bestrafung wegen eines Vergehens, auch wenn es nur um drei Hanfsamen geht. BetmG 19a ziehen sie nur dann allenfalls in Betracht, wenn die Aussage klar «für den eigenen Konsum» umfasst.
⇒ Die einzige sinnvolle Ausnahme zum Schweigen ist zu sagen, dass der Import/Besitz/Anbau von illegalen Hanfprodukten für den eigenen Konsum bestimmt ist (BetmG 19a). Weitergabe (BetmG 19) müssten die Behörden dann beweisen.
Bei den Einvernahmen gibt es die eifrigen Beamten: Akribisch wird alles aufgeschrieben und versucht, die Betroffenen zu Geständnissen zu drängen (vor allem zu Weitergabehandlungen); das Protokoll wird in diesem Sinne zugespitzt; sie wollen Urinproben und zum Schluss noch einen Blick in die Wohnung werfen (eine «freiwillige» Hausdurchsuchung, die gleich im Anschluss an die Befragung zwecks «Überprüfung der Aussagen» durchgeführt wird). Wer mit dem Auto vorfährt wird sofort des Fahrens unter Drogen verdächtigt… Somit kann die Einvernahme mit allem Drum und Dran gut einen halben Tag dauern.
Gelegentlich taucht ein anderer Polizeityp auf, der den Betroffenen «ausserhalb des Protokolls» erklärt, ihn interessierten weitere Details nicht, er wolle den Fall einfach effizient abschliessen. Er brauche ein Geständnis der Samenbestellung für den Eigenkonsum, dann werde das verzeigt und für ihn sei es damit getan. Das stimmt ja auch: Er hat eine gestandene illegale Handlung und das genügt, um eine Busse ausstellen zu können. In solchen Fällen dauert die Befragung noch eine Viertelstunde.
«Ich habe keine illegalen Samen bestellt.»
Wer keine THC-Samen bzw. legale CBD-Samen bestellt hat, muss dies unbedingt so aussagen! ⇒ Hier nützt es gar nichts, die Aussage zu verweigern.
Die Polizistinnen und Polizisten werden grantig, laut oder ausfällig, das muss man aushalten können. ⇒ Die Einvernahme wird unangenehmer, aber das Protokoll enthält nur die Aussage, dass man diese Bestellung nicht getätigt hat.
Es kann hier hilfreich sein, der Polizei eine Hausdurchsuchung anzubieten, damit sie sich von der Sachlage überzeugen kann. Die Polizei möchte häufig eine Kopie der Kreditkartenabrechnung aus dem entsprechenden Zeitraum.
Wenn keine Beweise für die Bestellung gefunden werden, dann folgt eine Einstellungsverfügung (was durchaus einige Monate dauern kann).
«Ich sage nichts.»
Niemand muss sich selber belasten, alle dürfen die Aussage verweigern. ⇒ Es bleibt jedoch unklar, ob man die Bestellung aufgegeben hat oder nicht.
Die erste Konsequenz wird schnell klar: Die Polizistinnen und Polizisten werden grantig, laut oder ausfällig, das muss man aushalten können. ⇒ Die Einvernahme wird unangenehmer, aber das Protokoll bleibt leer.
Die zweite Konsequenz: Es kann sehr unterschiedlich weitergehen. Es ist möglich, dass monatelang nichts passiert. Irgendwann können weitere Ermittlungshandlungen vorgenommen werden. ⇒ Diese Ungewissheit kann sehr belastend sein.
Häufig erlässt die Behörde ohne weitere Abklärungen einen Strafbefehl, entweder nach BetmG 19a oder seltener nach BetmG 19. Dann muss man allenfalls Einsprache machen und vor Gericht eine Neubeurteilung fordern.
«Ich wollte diese Samen setzen und, wenn etwas gekommen wäre, das Ergebnis konsumieren.»
⇒ Alle Handlungen zur Vorbereitung des eigenen Konsums sind Übertretungen. ⇒ BetmG 19a (Busse, Gebühren)
Je bestimmter die Betroffenen aussagen, dass der Verwendungszweck der Samen (oder von Hasch / Gras) der eigene Konsum ist, desto klarer wird, dass es sich nur um eine Übertretung handelt.
Die Polizei kann nun weiter nachfragen, wie häufig die Betroffenen denn konsumieren. Dabei landet man schnell bei einer protokollierten Konsum-Häufigkeit, die das Strassenverkehrsamt oder andere Ämter auf den Plan rufen kann.
Generell also den vergangenen Konsum nicht gestehen (schweigen oder abstreiten bzw. lügen) oder so wenig wie möglich zugeben.
«Ein paar Samen waren für mich, die anderen wollte ich meinen Kollegen schenken.»
⇒ Weitergabe (auch Verschenken) und Verkauf sowieso stellen Vergehen dar. ⇒ BetmG 19 (Busse, Gebühren, Geldstrafe in Tagessätzen, Strafregistereintrag)
Sobald Betroffene nur schon einen Samen verschenken wollen, landen sie bei einem Vergehen.
Weitergabehandlungen oder auch «nur» Weitergabeabsichten sollten unbedingt verschwiegen werden.
Wer nur die Bestellung der Samen zugibt, aber als Verwendungszweck nicht Konsum, sondern Zierpflanzen angibt, kann ebenfalls hier landen. Vor allem in Bern bleibt die Staatsanwaltschaft durchaus bei BetmG 19, wenn nicht ausdrücklich «für den eigenen Konsum» erwähnt wird: wegen Hanfsamen vorbestraft…
Vor allem in Bern gab es immer wieder Hausdurchsuchungen, die gleich im Anschluss an die Befragung stattfanden. Ein enormer Aufwand, der häufig zu gar nichts führte. Hier ein Beispiel eines Protokolls einer Hausdurchsuchung:
In Bern gab es viele Verurteilungen wegen Vergehen. Vor allem ermittelten die Behörden dort von Anfang an immer mit Verdacht auf ein Vergehen. So war standardmässig halt Vergehen bei den Verzeigungen eingestellt. Hier ein Beispiel, wo dieser Anfangsverdacht handschriftlich geändert wurde: von BetmG 19 zu BetmG 19a, also von Vergehen zu einer Übertretung heruntergestuft.
Eine Strafe folgt(e) allerdings in allen Fällen (die straffreie geringfügige Menge wurde nie berücksichtigt). Verwarnungen gab es nur in Basel-Stadt (300 Franken), sonst folgten Bussen/Gebühren (200 bis 1’000 Franken). Dazu kamen einige Verurteilungen wegen Vergehen, Beispiele folgen als Faksimiles:
Wer meint, 2015 ist ja schon lange vorbei und nun sei alles anders, soll bitte bei den Strafbefehlen 2018 reinschauen. Es ist immer noch gleich, die Verfolgung der Hanfsamenimporte läuft nach wie vor gleich ab.
Wer Hanfsamen für den eigenen Konsum bestellt, begeht eine Übertretung und wird mit einer Busse bestraft. Die Höhe der Bussen und Gebühren schwankt ziemlich, zwischen 200 und 1000 Franken ist alles möglich. Hier ein Beispiel aus Nidwalden, sowie eines aus Bern und aus Zürich:
Das wäre die einfachste Möglichkeit gewesen: Die Betroffenen nicht polizeilich vorladen und vernehmen, sondern einfach eine Verwarnung aussprechen. Aber nur in Basel-Stadt scheint das vorzukommen:
Hier wurde zwar die Bestellung zugegeben, aber nicht ausgesagt, dass die Samen dem Eigenbedarf hätten dienen sollen. Damit fehlt das Kriterium für eine Übertretung (eben: für den eigenen Konsum bestimmt) und die Staatsanwaltschaft entscheidet auf eine Verurteilung wegen eines Vergehens. Auch gemeinsamer Import kann so enden.
Strafbefehl Vergehen Bern (5 Samen) | Strafbefehl Vergehen Bern (9 Samen) |
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Strafbefehl Vergehen Bern (nochmals wegen 5 Samen) | Strafbefehl Vergehen Bern (nochmals wegen 9 Samen) |
Die Samen hätten zwar dem Eigenbedarf dienen sollen, aber es wurde auch eine Weitergabeabsicht gestanden (9 Samen hätten weitergegeben werden sollen). Also gibts einen Strafbefehl wegen eines Vergehens, mit 20 Tagessätzen eine sehr hohe Bestrafung:
Einer der krassesten Strafbefehle: Wegen drei Hanfsamen gibt es eine Verurteilung wegen eines Vergehens… Unglaublich, aber die Staatsanwältin gibt 10 Tagessätze:
Aus Baselland sind Berichte über Sachverhaltsanerkennungen gekommen (unten ein Beispiel). Mit der Unterschrift bestätigt man, dass man die Hanfsamen bestellt hat. Doch leider wird nicht klar, ob es denn nun für den eigenen Konsum geschehen ist oder für Weitergabe gedacht war. Es steht nirgends, ob man zugibt nach BetmG 19a (Eigenbedarf, Übertretung) oder nach BetmG 19 (Weitergabe oder Handel, Vergehen) gehandelt zu haben. Wenn man dieses Dokument unterschreibt, dann sollte man dies klarstellen.
Nun wurden die Dokumente von Basel Landschaft angepasst: Es wird nun klar BetmG 19a erwähnt. Damit ist eine Unterschrift unter dieses Dokument gleich einer Aussage, dass man Hanfsamen für den eigenen Bedarf bestellt hat.
Im angehängten Polizeibericht sieht man sehr schön, dass das Strafverfahren grundsätzlich wegen BetmG 19 geführt wurde bzw. vom Zoll so verzeigt wurde:
Die Herabstufung von BetmG 19 zu BetmG 19a ist äusserst wichtig: Nur so wird aus dem verzeigten „Vergehen“ dann eine Strafe wegen einer Übertretung.
Neu gibt es auch schriftliche Befragungen. Leider ist auch hier offen gelassen, ob es grundsätzlich um eine Übertretung (19a) oder ein Vergehen (19) gehen soll: Es wird mit 19ff einfach offen gelassen. Deshalb sollte man die Beantwortung dieser Fragen wirklich genau durchdenken. Nur wenn man „Hanfsamen bestellt für eigenen Konsum“ angibt, ist 19a gesetzt. Sonst bleibt ein Risiko, dass man doch einen Strafbefehl wegen eines Vergehens erhält…
Die Hanfsamenverfolgung trifft auch Unschuldige. Hier ein Beispiel eines Betroffenen, der die Samen nicht bestellt hatte. Schliesslich stellte die Staatsanwaltschaft Zürich das Verfahren ein. Allerdings musste der Betroffene 1'600 Franken für einen Anwalt aufwenden…
Mit grossem Interesse habe ich die diversen Erfahrungsberichte über die sinnlose Samenverfolgung gelesen. Mir ist etwas ähnliches passiert, und gerne würde ich auch darüber berichten:
Im Frühling dieses Jahres habe ich in einem Online-Shop drei (!) Autoflowering-Samen für ca. 25 Euro bestellt. Dazu einen schönen Grinder als Geburtstagsgeschenk für einen Freund. Der Gesamtwert der Bestellung belief sich auf ca. 50 Euro plus zusätzlich ca. 10-15 Euro für den Versand. So weit, so gut. Dachte ich.
Mithilfe der Paketnummer konnte ich das Paket online verfolgen. Als die letzte eingetragene Position der Schweizer Zoll blieb, konnte ich mir in etwa ausmalen, was dies für mein Paket zu bedeuten hatte.
Etwa zwei Wochen später erhielt ich einen Brief von der Luzerner Polizei. Ich wurde auf einen regionalen Polizeiposten vorgeladen. Den Termin nahm ich dann ganz korrekt wahr (in Begleitung meines Vaters). Wie sich herausstellte kannte ich den Polizisten und er war mir „nicht gerade böse gesinnt“. Das ganze Gespräch verlief relativ problemlos und ich hatte nichts Gravierendes zu befürchten (hier ist noch anzufügen, dass ich glücklicherweise noch nach dem Jugendstrafrecht behandelt werde). Der Polizist konnte mir auch gleich sagen, was mich etwa erwarten würde: nämlich eine Busse in der Höhe von 100 bis 150 Franken. Glück gehabt. Dachte ich. Wiederum zwei Wochen später erhielt ich (adressiert an meine Eltern) die Busse; der Betrag von 120 Franken setzte sich aus 70.- Busse und 50.- Gebühren zusammen. Busse bezahlt, Sache somit erledigt. Dachte ich.
Eine Woche darauf klingelt das Telefon, Luzerner Polizei, ich müsse wegen den Hanfsamen noch einmal vorgeladen werden. Diesmal im Polizeiposten in Luzern selbst. Auch diesen Termin habe ich wieder völlig korrekt wahrgenommen. Der Polizist dort schien ganz schlecht geschlafen zu haben (oder war einfach sonst keine besonders freundliche Natur…). Ich habe dann auf sämtliche Fragen meine Aussage verweigert (was auch mein gutes Recht sei, wie mir der Polizist zu Beginn erläuterte).
Im zu unterschreibenden Protokoll (das grundsätzlich auf jede Frage mit einer Aussageverweigerung hätte formuliert sein müssen), musste ich feststellen, dass der Polizist nach eigenem Gutdünken noch Ergänzungen, Meinungen, Kommentare und allerlei kleiner Schikanen hinzugefügt hat. Ich bat ihn dann höflich, diese Sachen doch zu entfernen, sie entsprächen in keinster Weise der Wahrheit, worauf er mir bloss entgegnete, dass dies nicht möglich sei. Aus diesem Grund habe ich dann die Unterschrift zum Protokoll verweigert.
Sooooo… meinte der Polizist, wenn das so sei, müsse er mir „wohl oder übel“ die Fingerabdrücke abnehmen, die Fingerabdrücke ins nationale System eintragen lassen und eine erkennungsdienstliche Behandlung durchführen (DNA, Fotos etc. …). Ich wusste ehrlich gesagt nicht recht wie mir geschah, doch was hätte ich auch tun sollen… Nach ungefähr einer halben Stunden hatte ich diese „Prozedur“ hinter mich gebracht und durfte gehen. Froh, dass die Geschichte nun erledigt war. Dachte ich.
Drei Wochen später kommt ein Anruf von der Jugendanwaltschaft, ich würde vorgeladen, weil ich keine Aussagen machen wollte bei der Polizei. Also wieder eine Reise nach Luzern… Der Termin dort verlief immerhin problemlos. Mit dem Resultat, dass ich wiederholt 120.- Franken zahlen müsse und zusätzlich einen Tag Sozialarbeit leisten müsse.
Wegen drei Cannabissamen wurde ich also insgesamt dreimal vorgeladen, zweimal gebüsst und einmal bestraft. Ab dieser Ressourcenverschwendung frage ich mich schon, ob die Polizei noch eine ernstzunehmende Institution ist. Meiner Meinung nach bin ich besonders vom Polizisten in Luzern schikaniert worden. Mir wurden allerlei Drohungen an den Kopf geworfen, ich musste mich einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen und es wurde ein Protokoll völlig gegen meinen Willen verfasst.
Die Geschichte zeigt, welch grosser Handlungsbedarf in der Cannabis-Thematik bestünde. Ausserdem scheint dieser Sachverhalt ja häufiger vorzukommen.
Die Vorladung ist bei mir glücklicherweise recht glimpflich verlaufen. Ich hatte mich aufs Schlimmste vorbereitet (mit Hausdurchsuchung, Urintest, …), bin ohne Auto und ohne Handy zur Vorladung gegangen. So beschissen wie vor dem Polizeiposten mit dem Finger auf der Klingel habe ich mich definitiv noch nie zuvor gefühlt… Dann hat aber ein sympathischer, junger, normal gekleideter (ohne Uniform!) Polizist die Türe geöffnet und mich schon von Anfang an beruhigt, dass das nicht so schlimm sei. Er meinte auch, dass ich bei weitem nicht der Einzige im Kanton sei. Nach der Aufklärung über die Regeln der Befragung ging's los, er hat seine Fragen durchgearbeitet und ich meine Antworten dazu geliefert. Zu keiner meiner Antworten gab es eine Rückfrage. Natürlich kam auch die Frage, was ich denn mit dem Marihuana gemacht hätte… Meine Antwort war, dass ich, wenn überhaupt was gekommen wäre, dieses für den Eigengebrauch verwendet hätte. Erstaunlich ist, dass er verständnisvoll gesagt hat „Ja natürlich, die Pflänzchen sind ziemlich heikel“. Also nichts von einer Kalkulation, bei der davon ausgegangen wird, dass aus jedem Samen eine hochpotente Pflanze spriesst…
Ich denke es wäre auch absolut kein Problem gewesen die Aussage zu verweigern. Auch als es um die Angaben wie Lohn, Beruf, … ging, hat er mich nochmals darauf hingewiesen, dass ich nichts sagen muss, sie das dann allerdings anderweitig übers Steueramt herausfinden würden.
Nachdem er dann alle Antworten und Unterschriften hatte, meinte er noch dass das mit einer Busse wegen Übertretung abgeschlossen sein wird. Er hat eine Busse von ca. 400 CHF geschätzt.
Nach der Befragung fühlte ich mich wieder pudelwohl und extrem erleichtert! Hätte mir das wirklich viel, viel schlimmer vorgestellt.
Soeben ist mein Strafbefehl eingetroffen. Wie erwartet gab es eine Busse nach 19a. Ich dachte vielleicht interessiert es andere, in welcher Höhe das Ganze ausgefallen ist, da das ja wahrscheinlich von Kanton zu Kanton sehr variiert. Ich komme aus dem Aargau und die Busse beträgt jetzt 200.- plus Strafbefehlsgebühr von 400.- und 37.- Polizeikosten, also alles zusammen genommen 637.- für die Einfuhr von 5 Hanfsamen und Betäubungsmittelkonsum. Ich habe das Gefühl, dass ich so recht gut weggekommen bin (obwohl das natürlich trotzdem viel dafür ist, dass ich bloss für den eigenen Konsum anbauen wollte).
Mail senden, per Post schicken oder vorbeibringen.
Am besten wäre gewesen, die paar bestellten Hanfsamen als geringfügige Menge Cannabis (bis 10 Gramm sind laut Gesetz straffrei) anzusehen – und gar nichts zu unternehmen: weder Beschlagnahmungen, noch Vorladungen, noch Hausdurchsuchungen und auch keine Verwarnungen. Aber davon will bis jetzt keine Repressionsorganisation etwas wissen. Sie wollen die Verfolgung aufrecht erhalten, auch wenn sie damit den illegalen Hanfmarkt unterstützen, weil sie die letzten Möglichkeiten für die Selbstversorgung ausgetrocknet haben: So stärken sie aktiv den Schwarzmarkt. Basel-Stadt scheint mit Verwarnungen halt das Maximum des heute Möglichen darzustellen, stundenlange Hausdurchsuchungen und Befragungen bilden den aktuellen Tiefpunkt.
Diese politisch motivierte Schikane einer Minderheit ist eine Verschleuderung von Steuergeldern. Offenbar haben Polizei und Zoll Überkapazitäten, so dass sie auf derartige Aktionen ausweichen. Sinnvoll für die staatlichen Budgets wäre ein Personal-Abbau, wenn sie nichts Wichtigeres zu tun haben. Hier gibt es Spar-Potenzial.
Das Vertrauen in den Rechtsstaat wird untergraben. Die Cannabis-Konsumierenden haben nicht im geringsten den persönlichen Eindruck, dass sie etwas Unrechtes tun (es wird ja auch niemand geschädigt dabei), sondern dass der Staat ihnen Unrecht antut. Schliesslich ist in der Schweizer Verfassung die persönliche Freiheit garantiert.
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