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+ | ====== Über den Unsinn und die Kosten der Repression ====== | ||
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+ | **Der Versuch, ein Verbot durchzusetzen, | ||
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+ | Laut Betäubungsmittelgesetz ist der Umgang mit THC-Produkten für fast alle vollständig verboten. Darauf stützen sich Polizei und Justiz und produzieren jedes Jahr gegen 40’000 Verzeigungen in diesem Bereich. Die Verfolgung der Handeltreibenden und der Konsumierenden soll dabei nicht Selbstzweck sein. Der Sinn dieses Aufwandes ist, die Kosten fürs Handeltreiben oder Konsumieren so zu erhöhen, dass sich weder Handel noch Konsum lohnen. Es soll also weniger (oder am besten eben gar keine) THC-Produkte im Angebot haben, und die THC-Konsumierenden sollen mit der Repression vom Konsum abgeschreckt werden. | ||
+ | Doch aus Vergleichen zwischen unterschiedlich repressiven Ländern weiss man, dass die Stärke der Verfolgung praktisch keinen Einfluss darauf hat, wie viele Menschen schon einmal THC-Produkte konsumiert haben. Diese Lebenszeitprävalenz ist zum Beispiel in Holland (mit einer weitgehenden Duldung von Konsum und Handel) um einiges tiefer als in der Schweiz. | ||
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+ | ==== Der Nutzen des Konsums ==== | ||
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+ | Anders herum gesagt: Konsumiert wird, weil die Konsumierenden dadurch sehr gute Gefühle bekommen. Der THC-Genuss bringt den Konsumierenden also eine Verbesserung ihrer Lebenslage. Der Konsum ist nicht irrational, sondern vernünftig und bringt einen Zugewinn an Lebensgenuss. Daher sind die Konsumierenden ziemlich unempfindlich gegenüber den Verfolgungsmassnahmen. «Legal, illegal, scheissegal» lautet für viele nach wie vor das Motto. | ||
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+ | ==== Der Unsinn der Repression ==== | ||
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+ | Studien zeigen, dass eine Verdoppelung der Repressionsmassnahmen eine Reduktion des Konsums um rund 16% bringt und eine Verdoppelung der Bussenhöhe sogar nur 0.8% weniger Konsum bewirkt. | ||
+ | Obwohl die Verzeigungsraten wegen THC-Konsums seit Jahren immer weiter ansteigen, steigt eben auch die Anzahl der Menschen an, die schon einmal konsumiert hat. Die Repression hat also nicht zur Folge, dass weniger Menschen mit THC-Produkten in Kontakt kommen. Sondern es scheint so zu sein, dass je mehr Menschen verzeigt werden, desto mehr konsumieren auch... Oder umgekehrt, je mehr Menschen konsumieren, | ||
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+ | ==== Die erste Studie ==== | ||
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+ | Die Kosten für die Verfolgung des THC-Genusses lassen sich laut der 1. Studie folgendermassen für das Jahr 2003 abschätzen. | ||
+ | Die __Polizeien__ der verschiedenen Kantone und Gemeinden (ohne Verkehrspolizei) verbrauchten 2003 etwa 3.4 Mia. Franken. Mit diesem Geld bearbeiteten die Polizeien rund 380’000 Straftaten. Davon sind 37’000 Straftaten rund um THC, also etwa 10%. Dies entspricht mindestens einem Anteil von 340 Mio. Franken. Da es beim THC-Konsum und -Handel jedoch keine Opfer gibt, die (wie bei den meisten anderen Straftaten) ein Interesse an einer Anzeige haben und die Polizeien auf die Straftaten hinweisen, muss die Polizei aktiv auf die Suche nach den StraftäterInnen gehen. Der Aufwand für dieses proaktive Vorgehen wird in der ersten Studie auf das 2.5fache im Verhältnis zu einer sonstigen Verzeigung geschätzt (wo ja häufig eine Anzeige eines Geschädigten die Verfolgung auslöst). Damit geben die verschiedenen Polizeien sogar rund 821 Mio. Franken jedes Jahr für die Verfolgung des THC-Genusses aus. | ||
+ | Neben den kantonalen Polizeien gibt auch der __Bund__ rund 300 Mio. Franken für die Repression aus. Davon wird ein Fünftel für Drogenrepression ausgegeben, davon wird wiederum gegen 80% für THC-Repression aufgewendet. Macht also weitere Kosten von gegen 47 Mio. Franken. | ||
+ | Die Aufwendungen für die __Justiz__ kommen hinzu, 1.3 Mia. beträgt das gesamtschweizerische Total. Die Strafjustiz, | ||
+ | Der __Strafvollzug__ (sowohl die eigentlichen abzusitzenden Strafen, wie auch Untersuchungshaft, | ||
+ | Im __Total__ ergeben sich laut der ersten Studie über **eine Milliarde Franken**, die gesamthaft in der Schweiz 2003 für die THC-Repression aufgewendet wurden. | ||
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+ | ==== Die zweite Studie ==== | ||
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+ | In der bundesrätlichen Botschaft zur Initiative ist ebenfalls von den Kosten der Repression die Rede. Dort steht: «Die Kosten für Repressionsmassnahmen beliefen sich im Jahr 2003 auf schätzungsweise 74.8 bis 106.5 Mio. Franken.» Wie kommt nun die Verwaltung auf diese viel tieferen Zahlen? Dazu haben wir die zweite Studie organisiert und gelesen, die diese Beträge ausrechnete. Sie geht zwar meistens von den gleichen Grundzahlen aus, kommt aber wegen anderer Annahmen auf viel geringere Beträge. | ||
+ | Ganz generell schliesst diese Studie alle Verzeigungen von vornherein aus, in denen es nicht ausschliesslich um THC-Konsum oder -Handel geht, sondern noch weitere illegale Delikte dazukommen (Diebstahl zum Beispiel). Ausserdem geht man hier davon aus, dass eine Anzeige wegen THC-Konsums nur einen Fünftel der Zeit einer Verzeigung wegen harten Drogen ausmacht. | ||
+ | Damit ist der Wert für die Ausgaben der __Polizeien__ bei nur rund 60 Mio. Franken. Eine zweite Schätzung der Studie (einfach 20 Prozent der gesamten Kosten für die Verfolgung der illegalen Betäubungsmittel) kommt auf den etwas höheren Wert von gegen 90 Mio. Franken. | ||
+ | Dazu kommen die Kosten der __nichtkantonalen Polizeien: | ||
+ | Die __Gerichtskosten__ beziffert die zweite Studie auf knapp sieben Mio. Franken. Doch auch hier werden Gerichtsprozesse, | ||
+ | Im __Strafvollzug__ werden sogar nur ein Prozent der Gesamt-Drogen-Kosten einberechnet, | ||
+ | Ebenfalls auf ein Prozent werden die Kosten von __Diversem__ veranschlagt (Häftlings-Transport u.ä.), was nochmals eine Mio. ergibt. | ||
+ | __Total__ kommt die zweite Studie so auf 74.8 bis **106.5 Mio. Franken**, die jährlich für die THC-Repression aufgewendet werden. Das ist gut zehn Mal weniger als in der ersten Studie. | ||
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+ | ==== Was stimmt nun? ==== | ||
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+ | Die zweite Studie unterschätzt die Kosten mit Sicherheit. Nur schon durch ihren Ausschluss aller Gerichtsverhandlungen und Verzeigungen, | ||
+ | Die erste Studie hingegen versucht, die Gesamtkosten als Vollkosten zu berechnen, quasi als «Bruttokosten». Dabei scheint sie mir um einiges fundierter vorzugehen als die zweite. Die Polizeikosten werden hier vielleicht etwas überschätzt, | ||
+ | Unsere Berechnungen (im Kasten Seite 4) deuten auf einen Betrag zwischen den beiden Studien hin. | ||
+ | Was jedoch sehr sicher ist: Unser Staat gibt jährlich hunderte Millionen Franken für die Repression gegen THC aus! Und: Auf alle Fälle wird sehr viel Geld in die Repression gesteckt, ohne dass gesellschaftlich gesehen Sinnvolles dabei herauskommt. | ||
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+ | ==== Wer profitiert von der heutigen Lage, wer von einer Legalisierung? | ||
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+ | Von der THC-Illegalität profitieren ein Teil der Repressionsorgane (nur Dank dem Verbot beziehen sie ihre Löhne) und die Dealer (nur Dank der Illegalität sind sie im Geschäft). Beide Gruppen haben also ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse an der heutigen Illegalität. | ||
+ | Die THC-Geniessenden und die Gesellschaft hingegen haben ein grosses gemeinsames Interesse an einer Legalisierung. Für die Konsumierenden: | ||
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+ | ==== Besteuerung statt Repression! ==== | ||
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+ | Es wäre also sehr viel vorteilhafter für die Gesellschaft, | ||
+ | Damit fallen die staatlichen Repressionskosten weg (die Kontrollkosten überwälzt man dem legalisierten Handel), die gesellschaftlichen Kosten des Konsums holt man über die Genussmittel-Besteuerung wieder herein. Dazu nimmt man der ganzen kriminellen Energie, die heute mit dem THC-Handel verbandelt ist, die Basis weg. Man könnte so verunmöglichen, | ||
+ | **Die ganze Gesellschaft, | ||
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+ | | **Studie 1** | Baumann, Sheron. Ökonomische Analyse des Schweizer Cannabismarktes. Lizentiatsarbeit an der Universität Bern, 2006. || | ||
+ | | **Studie 2** | Jeanrenaud, Claude. Initiative populaire fédérale «Pour une politique raisonnable en matière de chanvre protégeant efficacement la jeuneusse», | ||
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+ | ==== Unsere eigene Rechnung ==== | ||
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+ | Wir versuchen eine eigene Einschätzung | ||
+ | Jede Verzeigung wegen __THC-Konsums__ muss entdeckt werden (Annahme: das braucht im Schnitt eine Stunde Patrouille von zwei Beamten), dann muss die Person angehalten, kontrolliert, | ||
+ | Total kommen so sieben Stunden zusammen, mal 35’735 Verzeigungen (Jahrgang 2005), mal 150 Franken (geschätzte Gesamtkosten einer polizeilichen Arbeitsstunde) ergibt somit 37,5 Mio. Franken. | ||
+ | (Die Kosten für Ausbildung, Besprechungen, | ||
+ | Für die 3’322 Verzeigungen wegen __THC-Handels__ schätzen wir den Aufwand auf 415 Stunden pro Fall (Allgemeines/ | ||
+ | Damit schätzen wir die __Gesamtkosten__ auf mindestens 250 Mio. Franken pro Jahr, was zwischen den beiden zitierten Studien liegt. | ||
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+ | ==== Der Unsinn des THC-Verbotes ==== | ||
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+ | Hier wird also ein Markt, auf dem rund eine Milliarde Franken pro Jahr umgesetzt werden (für diese Schätzung siehe Legalize it! Ausgabe 38, Seite 6), mit hunderten Millionen Steuerfranken pro Jahr bekämpft. Das dürfte dann wohl ein gutes Beispiel für Verhältnisblödsinn sein. | ||
+ | Die Höhe der gesellschaftlichen Kosten des THC-Konsums beträgt etwa 189 Mio. Franken im Jahr, wenn man annimmt, dass pro konsumierten Joint ähnlich hohe Kosten wie für den Konsum einer Zigarette anfallen. Diese Kosten deckt der Schwarzmarkt aber überhaupt nicht. Diese muss die Gesellschaft zusätzlich, | ||
+ | Damit wird die Repression gegen THC endgültig absurd: | ||
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+ | • Erstens reduziert sie die Kontaktaufnahme mit THC-Produkten nicht. | ||
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+ | • Zweitens kostet sie hunderte Millionen Franken im Jahr. | ||
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+ | • Drittens sind die gesellschaftlichen Kosten des Konsums tiefer als die Repressionskosten. | ||
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+ | **Man gibt also mehr Geld aus, um das «Übel» zu bekämpfen, als dieses überhaupt kostet. Und erreicht damit nicht einmal eine Verkleinerung dieses «Problems», | ||
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