Cannabis bei unseren nördlichen Nachbarn

Deutschland und Cannabis – nach dem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts von 1994 konnte man ja etwas Hoffnung schöpfen, dass wenigstens der deutsche Rechtsstaat die THC-Geniessenden schützen würde. Doch real passiert ist herzlich wenig.

Ein wegweisender Richterspruch

Dass sich in Deutschland jemals etwas in Richtung Entkriminalisierung von Cannabisgeniessern drehen oder wenden könnte, scheint undenkbar. Der letzte grosse Meilenstein in der Cannabishistorie von Deutschland datiert aus dem Jahre 1994. Vor 15 Jahren, auch ein Fünftel Menschenleben, brauchte es die Justiz als letzte vernünftige Instanz, die gegen die masslose Verfolgung von Cannabiskonsumenten eingriff. Das Bundesverfassungsgericht fällte ein «Geringe-Menge-Urteil» mit der Kernaussage: «Allerdings kann gerade in diesen Fällen das Maß der von der einzelnen Tat ausgehenden Rechtsgütergefährdung und der individuellen Schuld gering sein. Das gilt zumal dann, wenn Cannabisprodukte lediglich in kleinen Mengen zum gelegentlichen Eigenverbrauch erworben und besessen werden.»

Unterschiedliche Umsetzung

Das Bundesverfassungsgericht beliess die Ausgestaltung dieses Grundsatzes den Bundesländern. Dadurch entstanden sehr unübersichtliche Gefälle. Sind in Baden-Württemberg schon drei Konsumeinheiten Auslöser eines Strafverfahrens, kann man in Bremen, Hannover oder Berlin mit einer Menge von zehn Gramm noch mit der Einstellung eines Verfahrens rechnen. Natürlich wird in allen Bundesländern die Ware eingezogen.

Ein politischer Rückblick

Seither hat sich nichts mehr getan. Kohl wurde 1998 abgelöst. Mit der Übernahme der rot-grünen Regierung durch Schröder, hoffte man, dass der kleinere Partner der SPD, die Grünen, sich diesem Thema annehmen würde, postulierten sie doch eine Liberalisierung. Sieben Jahre wartete man vergebens. Die SPD rührte sich keinen Millimeter und die Grünen gaben dieser Frage wenig Gewicht. Von 2005 bis 2009, als die grosse Koalition mit Schwarz-Rot unter Merkel regierte, erstickte jeglicher Keim. Mit Sabine Bätzing (SPD) als Drogenbeauftragte wurde in dieser Ära die Repression zu neuen Blüten getrieben. Besonders perfid sind die möglichen Führerscheinentzüge für Mehrfach-Konsumenten, unabhängig davon, ob vorher geraucht wurde oder nicht. Es ist absehbar, dass ebenfalls der Ver-sicherungsschutz im Autoverkehr für Kiffer erlischt. Diese Politik bringt als Ergebnis über 100’000 Strafverfahren jährlich. Nimmt man die geschätzten vier Millionen Konsumenten, so dauert es rein statistisch aber doch 40 Jahre bis man durch die Schleusen der Justiz gejagt wird.

Die aktuelle Situation

Im Vorfeld der Wahlen 2009 hat der Deutsche Hanf Verband bei den fünf grossen Parteien eine Umfrage gestartet. Fazit dieser Umfrage ist kurz umrissen folgendes:

  • Die Union hat sich der drogenfreien Gesellschaft verschrieben, die man nur über Repression erzwingen kann.
  • Die FDP positioniert sich in Drogenfragen zweideutig liberal.
  • Die SPD grenzt sich nur in Nuancen von der Union ab.
  • Lichtblick bleiben die Grünen, welche eine akzeptanzorientierte, präventionsgestützte Politik vertreten, die den (abhängigen) Menschen in den Mittelpunkt stellt.
  • Neu hinzu kommt «Die Linke», sie fordert ein Ende des «Kriegs gegen Drogen» und wollen den Umgang mit Cannabis legalisieren.

Gewonnen hat Schwarz-Gelb die Wahl, also die Union mit den so genannt Liberalen. Es ist abzusehen, dass sich die Politik bezüglich Cannabis kaum verändern wird.

Auf vier Säulen ruht der Umgang mit Hanf

  • Prävention
  • Beratung und Behandlung
  • Überlebenshilfen und Schadensreduzierung
  • Angebotsreduzierung und repressive Massnahmen

Während Prävention ok ist und Beratung und Behandlung bei Zu-Stark-Konsumierenden ihre Berechtigung hat, braucht es Überlebenshilfe und Schadensreduzierung wohl kaum bei Cannabiskonsum. Die Illegalität schliesslich ist kein Lösungsansatz, sondern der Hauptgrund für Probleme beim THC-Genuss.

Zuletzt geändert: 2023/12/22 21:16

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