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Noch kein Cannabis Social Club im 2022: Was ist passiert?

Obwohl wir startbereit waren, konnte unser Cannabis Social Club 2022 seine Tore noch nicht öffnen. Wir gehen der Frage nach, warum es nicht so schnell vorangeht, wie wir das gerne hätten. Die Bedingungen für die Pilotprojekte sind streng und die Bewilligungen brauchen Zeit.

Bereits am 2. Dezember 2021 hatten wir den Spin-Off-Verein «Legalize it! Social Club» ge­gründet, um an der geplanten Zürcher Cannabis-Pilotstudie teilzunehmen. Wir hofften, zum einjährigen Bestehen eine GV durchführen zu können und dabei bereits feinstes Weed aus gutem Schweizer Anbau geniessen zu dürfen, und zwar legal. Es war aber abzusehen, dass es dann so einfach doch nicht werden würde. Was ist im 2022 geschehen und warum konnten wir unseren Social Club noch nicht öffnen?

Es wurde viel gearbeitet

Die Gründung des Vereins bildete die Grundlage für das Einreichen eines Gesuchs zur Teilnahme beim Stadtzürcher ­Pilotprojekt. Die vorläufige Bewilligung hatte uns die Stadt Zürich bereits Ende März 2022 erteilt. Seither war die Stadt am Zug: Sie arbeitete ein Studiendesign aus, entwickelte einen Fragebogen, kümmerte sich um die Zusammenarbeit mit den Cannabis-Lieferanten und reichte ­Anfang Juni alles (wie gesetzlich vorge­schrieben) beim ­Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein. Unser Social Club hat sich aktiv in den Prozess einbringen können. So lieferten wir wertvolle Inputs für den Fragebogen aus der Sicht der Konsumierenden, fertigten Bildmaterial für den Fragebogen an und sassen den Interviews zur Auswahl der ­zukünftigen Produzierenden bei.

Das Warten aktiv nutzen

Dann lag der Ball beim BAG und dies zwang uns, zu warten. Denn die Heraus­forderung ist, dass gewisse Arbeiten nur ­erledigt werden können, nachdem eine schriftliche Bewilligung des BAG vorliegt und klar ist, wann wir starten können. So haben wir uns mit dem ­Suchen eines passenden Vereinslokals zurückgehalten, denn was will man denn schon mieten, wenn man nicht mal weiss, wann es losgeht und welche Auflagen es gibt?

Stattdessen haben wir hinter den Kulissen bereits vorbereitet, was ging. Michael hat sich ins Zeug gelegt und die Website hanfstüb.li für den Club erstellt. Vorbereitet sind dort bereits eine Online-Mitgliederdatenbank und ein kompletter Shop mit funktionierendem Bestellprozess inklusive Zahlungsabwicklung via TWINT.

Sonia hat sich mit den Behörden bezüglich der Raumsituation rumgeschlagen. Denn es gibt Auflagen zu erfüllen – und das hat auch wieder direkte Auswirkungen auf die Suche nach einem geeigneten Vereinslokal. So richtig Auskunft konnte uns aber noch niemand geben, weil sich die Behörden nie generell, sondern immer nur zu konkreten Mietobjekten äussern möchten. Um ein geeignetes Mietobjekt zu finden, brauchen wir wiederum generelle Anhaltspunkte. Ein klassisches Huhn-Ei-Problem.

Interessierte haben wir für über 70 % der Plätze. Eigentlich könnten wir schon längst loslegen, würden wir nicht noch auf die ­Bewilligung seitens des BAG warten.

Warum geht es nicht vorwärts?

Als Erklärung für die wiederholten Verzögerungen verweist die Stadt Zürich in ihrer Pressemitteilung auf die «hohe Komplexität des Projekts mit unterschiedlichen Bezugsquellen». Dass es überhaupt die Möglichkeit gibt, mit der Stadt Zürich einen Social Club im Rahmen der Pilot­projekte zu betreiben, ist nicht selbstver­ständlich. Andere Städte wie Basel oder Winterthur setzen nur auf Apotheken – der Einfachheit wegen. In Zürich bemüht man sich sehr, auch alternative Vertriebskonzepte zu testen und ist bereit, diesen zusätzlichen Aufwand auf sich zu nehmen.

An dieser Stelle wollen wir uns für dieses Engagement herzlich bedanken. Wir hoffen, dass die Vorarbeit in Zürich den Weg ebnet, auch in den zukünftigen Projekten anderer Städte Cannabis Social Clubs einfacher zu geneh­migen.

Die Ausarbeitung des Gesuchs hat seitens der Stadt Zürich länger gedauert als geplant. Und dann benötigte das BAG ein Vierteljahr zum Antworten. Projekte dieses Umfangs benötigen in grossen Organi­sationen immer sehr viel Zeit. Es arbeiten viele Ebenen zusammen und es wird immer jemanden geben, der warten muss, noch einen Einwand hat oder noch etwas geprüft haben will. Das kumuliert sich und führt zu Verzögerungen, die für Aussen­stehende nicht nachvollziehbar sind.

Ein zusätzlicher Faktor ist, dass die Cannabis-Pilotversuche für die Stadt und das BAG nur eines von vielen Projekten ist. Und die Praxis zeigt uns auch immer wieder, dass die Debatte um Cannabis meist tiefe Priorität hat. Cannabis ist momentan schlichtweg kein sichtbares ­soziales Problem, das schnellstmöglich ­gelöst werden müsste. Die Beamtinnen und Beamten, die mit der Durchführung dieser Pilotprojekte betraut wurden, sind wohl auch kaum ­persönlich betroffen – es ist halt einfach ein Dossier unter vielen, das bearbeitet werden muss.

Niemand will sich die Finger verbrennen

Nebst der organisatorischen Komplexität kommt noch hinzu, dass die Anforderungen seitens der Politik hoch sind. Die Verordnungen sind strikt formuliert und lassen wenig Raum für Experimente. Doch genau dies wäre nötig, um die vielfältigen Aspekte des kontrollierten Zugangs zu Cannabis zu erforschen und das Projekt zügig voranzutreiben. Die Auflagen stammen insbesondere aus der Politik. Es sind die alten unbegründeten Befürchtungen und irrationalen Ängste rund um Cannabis, die einmal mehr instrumentalisiert werden.

So dürfen wir beispielsweise als CSC das Cannabis nicht selbst herstellen. Gesetzlich festgeschrieben ist, dass für diese wissenschaftliche Studie die «good agricultural and collection practice (GACP)» eingehalten werden müssen, und zwar in professioneller Produktion. Sogar dem im Basler Pilotprojekt beauftragten Produzenten war es nicht möglich, die enorm hohen Anforderungen in der ersten Ernte zu erfüllen. Daher verzögert sich das Projekt und der Produzent muss nochmals neu anbauen.

Gänzlich verloren ging also die zentrale ­Eigenschaft der Anbaugemeinschaft, aus der das Modell «Cannabis Social Club» ­ursprünglich entstanden ist. Das ist schade, denn so kann nicht wissenschaftlich un­tersucht werden, wie gut das Modell des ­lokalen, gemeinschaftlichen Anbaus funktioniert.

Die Herausforderung ist nun, einen Kompromiss zu finden zwischen Machbarkeit und Erfüllung der Auflagen. Letztlich zeigt sich, dass die Behörden dazu tendieren, die Vorgaben nicht aufzuweichen und die Auflagen penibel zu erfüllen. Entsprechend mühselig wird die Umsetzung.

Nun hat die Stadt Zürich mit einem 50-­seitigen Schreiben das Gesuch beim BAG nachgebessert. Sobald das BAG mit den Nachbesserungen zufrieden ist, folgt die Bewilligung. Teilnehmende sollen ab März 2023 in die Studie aufgenommen werden können. Das erste Studien-Cannabis würde dann im Juni oder Juli 2023 verkauft.

Es ginge auch einfacher

Wir würden einen pragmatischen Ansatz bevorzugen, wie zum Beispiel einfach mal den privaten Konsum und den nicht-gewerblichen Anbau von Cannabis schweizweit zu entkriminalisieren. Dann würde sich sukzessive zeigen, wo die Herausforderungen liegen und man könnte gezielt eine praxisnahe Legalisierung umsetzen.

Es ist jedoch kaum davon auszugehen, dass ein solches Szenario in der Schweizer Drogenpolitik eine reale Chance hat. Die Pilotprojekte sind nun einfach das nächste Puzzleteil hin zu einem entspannteren ­Umgang mit Cannabis.

Wir bleiben dran

Letztlich verfügt unser Verein weder über die finanziellen noch die personellen ­Ressourcen, um ein komplett eigenes Pilotprojekt, inklusive wissenschaftlicher Betreuung, zu realisieren. Das Engagement der Stadt Zürich ist eine einzigartige Möglichkeit, dennoch teilzunehmen. Wir bleiben dran. Nur so können wir zu einem guten Gelingen beitragen und zeigen, dass der Umgang mit Cannabis im privaten ­Rahmen eines Clubs eine gute Sache ist.

Zuletzt geändert: 2023/12/22 21:16

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